Zunächst einmal: Vielen Dank an alle Teilnehmer, an alle Studenten, an Anne Jezuita und Nina Batze von Grabarz & Partner, an Dörthe Kleine-Pollmann und Jörg Pechau von Coremedia, an Christiane Eiche vom Career Center, an unsere Geschäftsführer Laurent Burdin und Chris Wallon. Einen besonderen Dank an Markus, Paloma, Sandra und Jan für ihre Eindrücke von unserem Workshop „Great Expectations“ hier auf radicalmonday.Ich habe tatsächlich ein paar Tage gebraucht, um mir die Ergebnisse gründlich durch den Kopf gehen zu lassen. Haben sich unsere Hypothesen bestätigt? Bringen Studierende und Absolventen heute tatsächlich fundamental veränderte Erwartungen an ihr Berufsleben und Unternehmen mit? Am Vormittag konnte man diese Frage aus meiner Sicht noch klar mit „Ja“ beantworten. Am Nachmittag relativierte sich dieser Eindruck und die Sichtweisen glichen sich deutlich an. Was ist da also passiert?
Den Vormittag begannen wir mit einer kleinen Umfrage. Studierende und Unternehmensvertreter sollten zehn Thesen getrennt voneinander auf einer Skala von 1-6 (von „Sehe ich vollkommen anders!“ bis „Mein Reden!“) bewerten. Wer ein Faible für Diagramme hat, kann sich die Ergebnisse hier ansehen.
Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung wurden die Studierenden in zwei Gruppen aufgeteilt. Sie machten sich Gedanken darüber, was sie von ihrem Berufsleben erwarten und erhoffen und welche Top 3 Features ein Unternehmen ihrer Meinung nach aufweisen sollte. Die Unternehmensvertreter von Coremedia, Grabarz & Partner und SinnerSchrader erinnerten sich in ihrer Gruppe zunächst daran, mit welchen Erwartungen sie einmal in ihr Berufsleben gestartet waren. Die zweite Frage an sie war, welche Werte und Haltungen sie sich heute aus ihrer Sicht als Arbeitgeber von Absolventen wünschen.
Bei der Präsentation der Ergebnisse wurde deutlich, dass die Unternehmensvertreter unter anderen Vorzeichen in das Berufsleben gegangen waren. Der erste Job bedeutete für sie vor allem Unabhängigkeit (vom Elternhaus). Dabei stand das Geldverdienen ganz klar im Vordergrund, denn Geld bedeutete Unabhängigkeit. Besonders große Sorgen um die Zukunft machte man sich aber nicht. Daher dachte man wohl auch nicht besonders weit in die Zukunft. Themen wie Familienplanung oder Altersvorsorge spielten keine Rolle. Hauptsache frei sein!
Diesen Satz würden sicherlich auch viele der Studierenden unterschreiben. In ihren Gruppen standen aber Themen wie Gestaltungsfreiraum, zeitliche und räumliche Flexibilität, Fairness und Gerechtigkeit und ein gutes Arbeitsklima deutlich im Vordergrund. Hier wurde auch sehr deutlich, dass man unter Begriffen wie Flexibilität völlig unterschiedliche Dinge verstehen kann. Klar, Unternehmen erwarten Flexibilität von Mitarbeitern und meinen damit, dass der Mitarbeiter Freunde und Fitnessstudio sausen lässt, wenn Projekte drücken, oder morgens um fünf zum Kundentermin zu fahren. Wenn die Studierenden von Flexibilität sprechen, dann erwarten sie von Unternehmen Gleitzeit, Teilzeitmodelle und Home Office.
Bis hierhin: Hypothesen bestätigt.
Mir persönlich ist besonders aufgefallen, wie wichtig Teamarbeit für die Studierenden war. Das würden sicherlich viele Leute für sich reklamieren, aber ich fand, man konnte dies in den Gruppen tatsächlich miterleben. Die Arbeitsatmosphäre war geprägt von Respekt und Kooperation. Ich habe zumindest den Eindruck, dass wir früher deutlich (einzel-) kämpferischer unterwegs waren.
Interessant fand ich auch die Haltung zum Thema Mobilität. Ein Jahr im Ausland arbeiten wurde als sehr attraktiv erachtet, ein längerer Arbeitsweg oder auch ein Arbeitsort wie Castrop-Rauxel als inakzeptabel. Auch das Thema Festanstellung wird deutlich kritischer gesehen. Die Festanstellung sei zwar sicher, aber auch unflexibel. Vereinzelt wurde die Selbständigkeit als klares Ziel der Berufstätigkeit formuliert.
Insgesamt könnte man die Perspektive als „Interessen geleitet“ charakterisieren. Die Arbeit soll Spaß machen, den persönlichen Interessen entsprechen, neue Horizonte erschließen, innovativ sein, Möglichkeiten zur permanenten Weiterbildung und zum intensiven Austausch bieten.
Am Nachmittag ging es dann weiter in drei gemischten Gruppen aus Unternehmensvertretern und Studierenden. Jede Gruppe übernahm eines dieser Themen: Fairness und Gerechtigkeit, Flexibilität (zeitlich/räumlich) sowie Gestaltungsfreiraum und Verantwortung. Die Ergebnisse werde ich noch in einem zweiten Blogeintrag vorstellen. Bis hierher nur soviel: Der Nachmittag stand am Ende im Zeichen der Einigkeit. Ja, sicherlich musste einfach erstmal eine ganze Menge sprachliches Geröll aus dem Weg geräumt werden. Ging es also nun um einen rein interpretatorischen Verständigungsprozess? Ich denke, dass hier auch eine ganze Menge ausgehandelt wurde. Konfrontiert mit den Berichten der Unternehmensvertreter aus ihrem Alltag und den jeweiligen Herausforderungen relativierten sich manche Wünsche der Studierenden. Und eine weitere Erkenntnis dürfte einen Einfluss gehabt haben: Dass Entscheider in Unternehmen Menschen sind, die im Prinzip für sich und ihre Mitarbeiter dieselben Wünsche haben wie die Studierenden, auch wenn diese nicht immer realisierbar sind.